Freitag, 25. November 2016

Kopfhörer

Knall mich voll mit Musik,
Kopfhörer krasseste Lautstärke,
Kein Limit.
Welt aus,Gedanken an,
Im Rhythmus der Lyrics.
Halb gerappt,halb gesungen.
Irgendwie voller Melodie,
Schmerzhaft.
Ein Song im Loop,
Ertrage keinen andren,
Mein Herz schlägt
In diesem Moment
Nur einen Beat,
Wieder und
Wieder.
Kopf wippt,
Augen geschlossen.
Knall mich voll mit Musik,
Welt aus,Herz an.

Montag, 21. November 2016

Schrei

Ihr Schrei hallte durch Nacht und Straßen, obwohl der Tag gerade erst angebrochen war. Ich konnte deutlich hören, wie irgendwo eine Tür zugeschlagen wurde.
Zehn nach acht. Ich nahm einen Schluck Tee, persischer Granatapfel, Rot wie Blut, ging mir durch den Kopf. Und Schwarz wie Ebenholz, antwortete leise eine Stimme aus meinen Gedanken heraus.
Süß und herb, wie Sonnenschein im Winter, rann wohlig die Wärme meinen Hals hinunter, während einige Wohnungen weiter vielleicht die Welt am untergehen war.

Ich warf einen Blick auf die Uhranzeige des Küchenradios - viertel nach acht.  Es war ruhig  geworden nebenan, die Ruhe nach dem Sturm? Eine Sekunde überlegte ich, wann die Schreierei begonnen hatte, ich zog die Nase kraus.
Mein Teewasser hatte gerade zu kochen angefangen, als die ersten Schrillschreie ihrer Minnie-Mouse-Stimme durch den Morgen trompetet waren.
"Wie konntest du, was hast du nur getan?"
Hysterie am Morgen, gab es etwas Schöneres? Nachdem ich den Teebeutel in den Wasserbläschen meiner Tasse versenkt und mich gemütlich auf den Küchenstuhl geknautscht hatte, mümmelte ich eine Weile auf einer Scheibe Brot herum. Die Kruste war beinahe abgeknabbert, ehe das Drama im Hörspielformat live aus der Nachbarschaft weiterging.
Popcornkauend im Kinosessel  sitzend kam ich mir vor, wie ich in Flauschdecke und Pyjama geradezu auf eine Fortsetzung wartete.
Gemurmel, Genuschel, Stühle, die über den Holzboden geknarrt wurden - irgendwie passte die Geräuschkulisse zum Rest dieses Novembermorgens.
"Scheiße!"
Ich zuckte in meiner flauschigen Decken-Pyjama-Festung zusammen, Gänsehaut kroch mir über den Rücken und ich umklammerte meine Teetasse, um ein bisschen Wärme tanken zu können.
Totenstill war es im Hausflur, ob die anderen Wohnparteien auch gespannt die Luft anhielten und warteten, wie es weiterging?
Irgendwo randalierte wer, durchbrach den Meditationsähnlichen Zustand. Erst jetzt nahm ich wieder das Radio wahr, das belanglos einen Song der unendlich gleichen Schmuserapper vor sich hinsudelte.
Während ich mich noch ein wenig tiefer in die Deckenkombi kuschelte, hörte ich unbarmherzig das Dröhnen meiner Türglocke.

Sonntag, 20. November 2016

Er

"Eigentlich sind wir auch nur alle Jäger und Sammler", sagte er in die Stille hinein, die plötzlich entstanden war. Ein Schauer lief mir den Rücken hinunter, ich nahm einen Schluck Wasser aus meiner Evian-Flasche. Nichts anmerken lassen, waren in etwa meine Gedanken, so ganz konnte ich ihnen nicht folgen.
"Wie meinst du das?"
Er sah mir ins Gesicht.
"Wir jagen Sehnsüchten hinterher, um irgendwelche Trophäen sammeln zu können. Frauen, Geld, Macht, Sex. Jäger und Sammler eben."
Die Bitterkeit seines Blicks löste etwas in mir aus, das ich nicht näher beschreiben konnte. Mitleid? Neugierde?
Er schüttelte den Kopf, als habe er die Unterhaltung mit sich selbst längst beendet.
"Ich war zu naiv, als es mir so schlecht ging. Ich glaubte den falschen Menschen zu viele schöne Worte, anstatt misstrauisch zu sein und vorsichtig."
Ich rutschte ein wenig auf meinem Stuhl umher, hatte das Gefühl auf flüssigem Feuer zu sitzen.
Wahrscheinlich sollte ich das nicht hören, ich sollte dieses Gespräch nicht führen... Mein Verstand schrie mich förmlich an, bettelte, flehte.
"Als ich mir die Knarre an die Stirn gehalten habe, hat mich nur ein winziger Funke Verstand zurückgehalten..." Seine Stimme klang wie von weit her, als stünde er in einem anderen Raum, in einem anderen Leben. Seltsam tot schienen seine Augen, jegliches Leuchten war aus ihnen gewichen.

Montag, 14. November 2016

Eiswasser-Eisluft

Ich ging heute durch die Stadt,
und es war unendlich kalt.
Vielleicht war es die erste Nacht weit unter
null Grad gewesen,
vielleicht waren aber auch schon
drei oder vier dahingezogen.
Tief in meine Jacke vergraben
blinzelte ich in die Sonnenstrahlen,
die gerade zwischen LKWs und
Häuserfronten irgendwie
staubig hervortraten.
Beinahe diesig war der Morgen,
erst vor wenigen Minuten angebrochen.
In der Hektik der Stadt,
in der Hektik des Montags ging seine
Schönheit unter.
Menschen übersahen den Zauber,
dieses ganz besondere Gefühl,
das sich manchmal über Montagmorgen
legte.
Ich atmete tief ein,
frisch füllten sich meine Lungenflügel
mit Sauerstoff.
Einer Droge gleich rann er durch
Adern, versetzte meinen Körper mit
Endorphinen, beflügelte
auf leichte und sanfte Art meine
Seele.
Eiskalt schmeckte die Luft auf meinen
Lippen;
irgendwie genoss ich ihn,
diesen Geschmack nach frischer Luft.
Nach Eisluft, in der sich kleine Kristalle fanden,
vom Wind umhergewirbelt.
"Als würde man Eiswasser trinken", dachte ich
und schluckte einen Mundvoll
Trockenheit und Kälte hinunter.
Eiswasser.... Für eine Sekunde schloss ich die Augen.
Mir war, als wäre mein Mund voll flüssiger
Kälte, die wie tausend Perlen in
Zahnfleisch und Zähne stach und mich
gleichzeitig mit ihrem
Geschmack unwiderstehlich lockte.
Eiswasser,  frisch und rein,
so klar wie Bergseen und mit dem
Duft erholsamen Regens.

Freitag, 11. November 2016

Jack The Ripper

Es ist noch unglaublich früh, niemand sollte um diese Uhrzeit unterwegs sein, geschweige denn wach. Straßenlaternen erhellen den anbrechenden Tag, der sich langsam und ungemütlich seinen Weg durch Regenschleier bahnt.
Auf den Asphaltwegen der Stadt rollen die Blechlawinen, der erste Andrang ist inzwischen vorüber, die ersten Menschen schlürfen vielleicht gerade den zweiten und dritten Schluck Kaffee aus schlecht gewaschenen Bürotassen.
Sie zwirbelt an der Schnur der Kopfhörer, wie immer haben sich über Nacht wahre Knotenrudel in die schwarzen Kabel hineingewunden. Sie seufzt, ihre Finger sind eiskalt und das Entwirren fällt ihr schwer.
Scheiße!, flucht sie und umrundet eine Pfütze, die sie gerade so aus den Augenwinkeln entdecken konnte.  Was für ein Morgen!, flüstert ihr durch den Kopf, als sie an der Bushaltestelle vorbeigeht und stumm Augenpaare ihr hinterher starren.
Erst waren beinahe zwei LWK mit ihrem Wagen kollidiert, dann hatte sie auf der Bundesstraße fast einen Fuchs überfahren. Zwei rote Ampeln und mehrere Flüche später parkte sie auf dem großen Parkplatz, wo man sie inzwischen tagtäglich antreffen konnte. Die Werkstatt gegenüber kam ihr schon vor wie unmittelbare Nachbarschaft, sie und die Arbeiter nickten sich zu, vielleicht konnte man im Sommer mal ein Bier zusammen trinken.
Tief hatte sie durchgeatmet, ehe sie den Rucksack auf den Rücken gezogen und auf die Fernbedienung des Autos gedrückt hatte.
Von ferne sah sie das Industriefeuer, das sie als Kind so fasziniert hatte. Wolkenschleier schoben sich vor die Flamme, die blaugrüngelbrot in die zu Ende gehende Nacht flackerte. Ein letzter Blick in die Fenster ihres Wagens, einmal das Spiegelbild überprüfen. Sie lachte, unwillkürlich.

Verdammt, war das kalt! Sie zittert, so sehr, dass sie ein klein wenig von ihrem Kaffee verschlabbert, den sie im Coffee to go - Becher vor sich her balanciert. Oder sich daran wärmt, je nachdem. Ein Bild für die Götter, wahrscheinlich. In der einen Hand, rechts, das Smartphone mit den endlos verquirlten Kopfhörern, in der anderen Hand, links, Kaffee. Halb dampfend, halb gefrierend, lebensnotwendig.
Sie nimmt einen Schluck der Koffeinbrühe, schließt die Augen, als sie das Elixier hinunterschluckt. Bitter und ungesüßt rinnt es ihren Hals hinunter, so wie sie es mag.

"She's been lonely and forgotten ever since/
But her beauty in the night light will remain"

Die beiden Zeilen aus Volbeats "Mary Jane Kelly" kommen ihr in den Sinn, im Kopf summt sie die Melodie mit.
Was für eine schöne Idee, einen Song über ein Opfer Jack the Rippers zu schreiben.
Sie lächelt.
1888 kann sie in Ziffern vor ihrem inneren Auge lesen - eigentlich war es eine spannende Zeit gewesen damals. Nicht anders als heute, irgendwie.
Mord, Totschlag, Krieg. Nichts Weltbewegendes und doch dreht sich der blaue Planet unaufhörlich, Jahr für Jahr.

In ihre Gedanken hinein rauscht der Zug, für den sie heute mitten in der Nacht aufgestanden ist. Niemand sollte um diese Uhrzeit unterwegs sein!

Mittwoch, 9. November 2016

Tanz

Herzklopfen, 
Schmetterlinge tanzen mit mir durch
den Regen über glitzernden 
Asphalt.
Mein Lächeln spiegelt sich
in Straßenpfützen
und den Augen der Punks, 
die am Bahnhof 
ihr Revier markieren. 
Neben Zigarettenkippen und
abgebrannt neben Jointstummeln
leuchtet verschwendet Zeit, 
die niemand zurückbringen kann.

Dienstag, 1. November 2016

Zugvögel

Als sie ihren Kopf aus dem Holzfenster streckte, konnte sie die Zugvögel hören. Schreihälse, die durch den Abend des ersten Novembers zogen und sich so unendlich viel zu berichten hatten.
Sie erzählten von Märchen, von großen Lieben und fremden Ländern, was sie in ihrem Sommer erlebt hatten und wem sie den Laufpass gegeben haben.
Ihr Gespräch kam als Schnattern in den Dörfern und Städten an, über die sie flogen. Die Flügel weit ausgebreitet, gegen Zugluft schützten Flaumfedern.
Für einen Augenblick schloss sie die Augen und wünschte sich, die Freiheit der Zugvögel auch in ihren Adern zu spüren. Einfach in die Nacht hinaus, dem Nachtwind entgegen, der sie auf Samtschwingen dorthin bringen würde, wo sie frei sein konnte.

Es duftete nach Regen, obwohl es den Tag über trocken, sogar sonnig gewesen war. Es duftete nach Herbst und Wintereinbruch, nach Pilzen, Moos, nassen Hunden und Spaziergängen über matschige Wiesen. Sie lächelte und trotz des kühlen ersten Novemberabends füllte sich ihr Körper von innen heraus mit Wärme.
Wie strubbelig ihre Haare doch gleich nach dem Wachwerden sind, dachte sie, noch immer an den Holzfensterrahmen gelehnt und musste beinahe im selben Moment lachen. "Sonst fällt dir nichts anderes zu mir ein?" , würde sie empört schnauben und ihre Augen groß aufreißen. Um ihre Mundwinkel würde ein Grinsen spielen, das sie nur mit Mühe unterdrücken könnte. Ein Kuss, tief und lang, oder vielleicht nur ein Stupser auf die Nase wäre ihre eigene Reaktion.
Ihre strubbeligen Haare... Sie kicherte leise, gerade so laut, dass sich auf der anderen Straßenseite eine Katze erschreckte und sie entsetzt anstarrte.
Ihre strubbelige Morgenfrisur kitzelte sie in der Nase, wenn sie aneinander gekuschelt den Morgen verstreichen ließen und über Wetter und Welt philosophierten. Autos hupten auf der Straßen, Rettungswagen fuhren den Berg hoch und runter, wahrscheinlich auf der Suche nach ihrem Patienten.
Was kümmert es uns, ging ihr durch den Kopf, während sie langsam den Griff des Holzfensters schloss. Schneidend war die Abendluft geworden, brannte ein wenig in Nase und Lungen.

Lass mich dir von Märchen und Heldinnen erzählen, von Wundern und Welten, in denen die verrückten die besten Menschen sind.