Dienstag, 19. Juli 2016

Erinnerung aus Eis

Erinnerung an Tage, die staubig waren und an denen man erst dann wieder zuhause sein musste, wenn die Lichter am Abend angingen. Die halbe Nacht auf der Straße sitzen und die Wärme des Asphalts durch den Radlerhosenstoff spüren,  während Fahrrad, Roller oder Inlineskates in der Rinne liegen. 
Die Augen schließen und denken, diese Zeit würde nie enden, nie würden die großen Ferien, sechs Wochen Unendlichkeit, zu Ende gehen. 
Wenn ich tief einatme, schmecke ich noch den süßen, duftigen und leichten Geschmack meines Kindersommers auf den Lippen. Sonnencreme, Planschbeckenwasser mit Fliegenleichen, Barfußlaufen. 
Beinahe kann ich unser Glücksgeschrei noch hören, wir waren unendlich glücklich.
Abends, wenn die Sonne nur noch verwoben durch den Dorfwald schimmerte und die Straßen der Siedlung in Sattgrün hüllte, lagen wir auf der Lauer. Silbermünzen fest in unsren Kinderfäusten, 1 Mark für zwei Bällchen Eis.
"Einmal Zitrone und einmal Schlumpfeis!" 
Cremig und blau genossen wir das Tageshighlight. Versonnen saßen wir auf Mauern und Straßen aufgereiht, barfüßig und dreckig, ohne Smartphone, ohne Internet, ohne WLAN. 
Wir schleckten Erinnerungen aus Eis, die bis heute nicht aus unserem Gedächtnis geschmolzen sind.

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