Montag, 7. März 2016

Straßen-Werbung

Während Schneeflocken zur Erde rieseln, mal kleine, mal größere, liegen sie in ihren Fenstern. Die Hektik des Mittags zieht an denen vorbei, die bequem auf große Kissen gepolstert an den Fenstern zur Straße gebettet sind und arbeiten. Wie lebendige Plakatwände zieren sie die Häuserfront, ihre Stimmen hallen laut wider im Straßenverkehr. Nur das Rauschen der Straßenbahn übertönt die Unterhaltungen, die in fernen Sprachen und exotischen Nuancen an die Ohren der Passanten dringen. Augen, munter wie Springbrunnen, folgen Menschen und Tieren, mustern, gucken, gaffen, glotzen. Augenbrauen ziehen sich hoch, Mundwinkel spreizen sich zu Gelächter, große Ballonbrüste wackeln.
Die Fenster sind überdacht und bieten irgendwie Schutz. Vor Regenwetter und Sonnenschein, vor Sturm und wüstem Stadtwind, ebenso wie vor lauem Lüftchen. Vor Blicken und Worten schützen sie nicht, die Fensterdächer.
Der Tag treibt seine Stunden voran, die Damen ihre Fenster-Werbung. Sie pfeifen und gackern, inzwischen vielleicht eine Spur genervter, ein wenig ironischer. Durchweicht sind die roten Extensions im Kraushaar, acht Stunden Straßen-Werbung haben ihre Spuren hinterlassen. Zerschlissen wie Plakatwände nach dem Sturm verlassen sie ihr Fenster, das große Kissen fest unter den Arm geklemmt. Die Spätschicht steht schon in den Startlöchern, man kann ihr Gackern schon aus den hinteren Räumen hören.

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