Mittwoch, 7. September 2016

Er sitzt

Auf seinem Hocker, zwischen all diesen Menschen, die vorüber hetzen und für die jeder Tag gleich ist, sitzt er. Tag ein, Tag aus. Er sieht Regen und Sonne, spürt den Wind auf seinen Wangen, obwohl er ihn schon lange nicht mehr wahrnimmt. Vielleicht seit zwei Jahren, oder doch seit zwei Jahrzehnten? Es spielt keine Rolle mehr, redet er sich ein, während ein Hund auf Augenhöhe an ihm schnuppert. 
Vor seinen Füßen stapelt sich Kleingeld im Kaffeebecher von Starbucks, achtlos hineingeworfen, ein Cent, zwei Cent, ein Euro. Von seinem Hocker aus kann er sehen, dass es noch nicht einmal genug sein wird für... Wofür eigentlich? Kaffee? Eine warme Mahlzeit? Tee? Schon lange wusste er nicht mehr, was er wirklich wollte, was sein Körper brauchte, wonach er verlangte. Hier und da schmerzte ihn der Rücken, die Knie taten ihm vom täglichen Sitzen weh, irgendwie waren sie steif und unbeweglich geworden.
Er reibt sich durchs Gesicht, rau, beinahe ledrig fühlt es sich an. Eine Sekunde erschrickt er, fängt sich aber schnell und lenkt seinen Blick zurück auf die Straße. Zurück zu den Menschen, die er schon lange nicht mehr verstehen kann. Seit zwei Jahren vielleicht, oder auch seit zwei Jahrzehnten. So genau weiß er das nicht mehr, eine Rolle hat es wahrscheinlich noch nie gespielt.
Er sitzt auf seinem Hocker, in der Stadt, und beobachtet Menschen, die leblos ihre Zeit vergeuden.

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