Freitag, 16. September 2016

Stadt im Regen

Ich ging heute durch die Stadt.
Es regnete und ich hatte weder Schirm noch
Kopfhörer bei mir.
Tief in meine Weste gekuschelt folgte ich
meinen Füßen, die auf dem Nass des Bodens leicht dahinglitten.
Aus dem Sommer war inzwischen September geworden,
auch er war schon zur Hälfte vorbei.
Es duftete nach Stadtherbst, nach Blätternass
und Brezelschwaden,
nach Coffee to go und
neuen Schuhlieferungen bei Deichmann.
So frisch dekoriert sahen die Schaufenster
nett aus,  hübsch und adrett,
Stolperfallen einer heruntergekommenen Konsum-
gesellschaft. Ich warf ihnen nur einen Blick zu
und vergaß im nächsten Atemzug, was ich ich
gesehen hatte.
Oktoberfest war die Jahreszeit,
die die Menschen gerade feierten.
Weißwurst, Bierzelte, Weißblaue Rauten überall -
Fremdenscham statt Fremdenhass.
Meine Gedanken gingen zusammen mit mir spazieren,
als ich heute im Regen durch die Stadt lief,
ich atmete durch. Ließ jede Gedankennuance
zu Wort kommen, spürte jeder Illusion beinahe sehnsüchtig nach.
Menschen kamen mir entgegen,
ihre Gesichter irgendwie griesgrämig und eintönig,
dabei war der Regen so frisch und leicht.
Es war der erste Tag seit langem, der sich
Grau in Grau in Grau in Grau
präsentierte und nicht so richtig hell werden wollte.
Ich sah in die Gesichter des Menschenstroms,
gegen den ich schwamm, suchte nach Blicken,
nach Worten, nach Lächeln.
Ich suchte vielleicht nach Regungen menschlichen Daseins,
vielleicht ließ ich mich aber auch nur dahintreiben.
Ein Blatt im Wind,
ein Ast im Fluss,
eine Fliege im Spinnennetz.
Ich hielt einen Moment inne, ordnete meine Gedanken,
schüttelte den Kopf und ging weiter.
Nass waren meine Schuhspitzen inzwischen,
möglicherweise hätte ich nicht gerade weiße Stoffsneaker anziehen sollen,
heute morgen.
Vor einer Ewigkeit.
Ich ging durch die Stadt,
im Regen, während ich Menschen ansah und meine
Gedanken an der Hand neben mir spazieren führte.


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